Was ist katholisch? Mancher Außenstehende sieht den Katholizismus als großes Glaubensgefüge, das universal und damit über Ländergrenzen hinweg gültig ist. Überall kennt man die katholische Messe, die lateinischen zentralen Begriffe, die Eucharistie. Doch ist das Katholische damit so einheitlich? Dieser Frage ging eine Tagung der katholischen Akademie in Weingarten nach. Die Referenten machten sich die Antwort schwer – und rangen sich dann zu einem entschiedenen „Jein“ durch.
Eigenarten wohin man schaut
Natürlich hat ein Gottesdienst in Senegal eine andere Intensität als einer in Polen oder in Kolumbien. Die Unterschiede im Temperament, dem Klima und der Bauweise der Kirchen formen eine Konfession vor Ort. Und im Deutschen? Der rheinische Katholizismus wird als besonders lebensfroh und undogmatisch empfunden, der bayerische Katholizismus als volkstümlich. Als bierzelttauglich und höhenfest.
Ein belastetes Verhältnis
Auch das Katholische in Baden hat seine lieben Eigenarten, die es gründlich vom Elsaß oder den Schwaben unterscheidet. Die Historikerin Elena Heim schreibt gerade ihre Doktorarbeit über die Katholiken als traditionelle Mehrheitskonfession in Baden. Eines steht für Sie fest: Der Kulturkampf und dessen Verlauf hat Baden geprägt.
Der Großherzog trat diesen Konflikt in den 50er-Jahren des 19. Jahrhunderts gegen die katholische Kirche los. Er belastete das Verhältnis zwischen Monarch und Untertanen auf Jahre hin – auch dann noch, als die Stolpersteine längst aus dem Weg geräumt waren.
Kulturkampf mit Folgen
In Bayern zum Beispiel gab es nichts dergleichen: König und Volk waren gleichermaßen katholisch und mit Rom sowie allem Päpstlichen hochzufrieden. Das hatte Folgen: Die Katholiken im damaligen Königreich waren enger mit dem Papst verbunden. Und sind es noch, siehe Benedikt XVI..
Der Kulturkampf in Baden erzeugte eine fühlbare Distanz zwischen den Katholiken im Dreieck von Schwarzwald, Baar sowie Bodensee – und dem protestantisch geprägten Nordbaden. Erst nach dem Verlust des Throns besserte sich das Verhältnis zwischen Staat und der römischen Kirche.
Und Schwaben? Ein Kirchenhistoriker wie Claus Arnold tut sich schwer, von einem schwäbischen Katholizismus zu sprechen. Dabei ist doch mancher Unterschied augenfällig, wenn man nur die württembergischen mit den badischen Katholiken vergleicht. Auf der Schwäbischen Alb sind die Kirchen karg und nüchtern.
Anders Oberschwaben, diese Landschaft wird bis heute von riesigen Klöstern und Stiften geprägt, die allenfalls in Bayern einen ebenbürtigen Vergleich finden. Und nur in Oberschwaben findet man den Blutritt, der jedes Jahr Hunderte von Reitern in Fräcken mit ihren Rössern anzieht. Umritte dieser Art finden sich sonst nur in Bayern, siehe Leonardiritt in einigen Orten in Bayern. Da sind die Unterschiede mit Händen greifbar.