„Ich heiße Winfried Kretschmann und meine Lieblingstiere wechseln“. Zurzeit sei es der Mauersegler, sagt der baden-württembergische Ministerpräsident von den Grünen. Bei bestem Sommerwetter sitzt er im Park seines Amtssitzes in Stuttgart – um ihn herum Jugendliche auf Picknickdecken, die über die Einhaltung von Klimazielen diskutieren wollen. Für Landtagsdebatten eher unüblich, stellt sich am Anfang jeder mit seinem Namen und seinem Lieblingstier vor. Doch bei dem Aufeinandertreffen von Jugend und Politik am Samstag bestimmen die Jugendlichen die Regeln.

Dabei ist auch die Fridays-for-Future-Aktivistin Lucia Parbel, die gleich zu Anfang starke Kritik übt: „Bei andauerndem Missbrauch der Staatsgewalt besteht ein Notwehrrecht des Volkes“, zitiert sie einen Spruch, den sie vor Kurzem gelesen habe. Ihre Mitstreiterin Nisha Toussaint-Teachout sagt, die Klimakrise sei nur die Spitze des Eisberges. „Was darunter liegt, ist eine Generationenfrage, ist eine Gerechtigkeitsfrage.“

Während der vom Schauspiel Stuttgart initiierten Veranstaltung tragen unter anderem Schüler baden-württembergischer Gymnasien und Theaterjugendgruppen ihre Anliegen vor, mit Lesungen, Vorträgen, Theaterstücken und Diskussionen. Zu ihrem Publikum und Diskussionspartnern gehören neben dem Hausherren Kretschmann unter anderen Innenminister Thomas Strobl (CDU), Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne), Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (Grüne) und der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Andreas Stoch.
Während des Programmpunkts „Mehrheit zu verschenken“ können Politiker und Jugendliche beispielsweise innerhalb von 60 Sekunden politische Anträge vortragen, über die das im Park versammelte Publikum abstimmt. Andreas Stoch schlägt die Einführung eines kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs vor, Cem Özdemir fordert, dass Bundesligavereine CO2-neutral werden und Verkehrsminister Hermann fordert mehr Zebrastreifen und weniger Ampeln für Fußgänger. Fast alle Anträge werden angenommen.

Auch bei der Klimapolitik sind Jugendliche und Politiker häufig auf einer Linie – jedenfalls was die Ziele angeht. „Dass wir jetzt mit den Fridays for Future als Grüne nicht die größten Probleme haben, das ergibt sich ja aus dem Thema“, sagt der Ministerpräsident. Unterhalb der Oberfläche habe es dennoch heftige Debatten gegeben, erklärt Kretschmann. Ungeduld treffe auf Erfahrung.
„Wir hatten schon ein Gespräch mit deutlich inhaltlichen Differenzen mit Herrn Kretschmann“, sagt auch Lucia von Fridays for Future. Die Veranstaltung sei ein Teil ihrer Versuche, etwas an der Klimapolitik zu ändern. „Es sind viele kleine Schritte.“ (dpa)