Es ist laut und es stinkt. An den Durchgangsstraßen von Espasingen, Ludwigshafen und Sipplingen (Kreis Konstanz) wollen die Verwaltungen deshalb mit neuen Plänen gegen den störenden Motorradlärm vorgehen. In absehbarer Zeit sollen die einschlägigen Strecken lärmmindernden Asphalt bekommen. Ob es auch für die Umgehungsstraße eine Geschwindigkeitsbegrenzung geben wird ist unklar, da dadurch auch der Verkehrsfluss behindert würde.
Größte Belästigung für Menschen in der Region
Das Dröhnen von lauten Motorrädern bildet die mit Abstand größte Belästigung für Menschen in der Region. Besonders an den Wochenenden ziehen kurvige Landstraßen zahlreiche selbst ernannte Rennfahrer an, die ihre Maschinen ordentlich aufheulen lassen.
"Ein Drittel aller Beschwerden bezieht sich auf Lärmbelästigung durch Motoräder", sagt Thomas Marwein, Lärmschutzbeauftragter der Landesregierung, bei einem Infoabend in Konstanz.
Gegen den lästigen Krach von Zweirädern gibt es keine natürliche Abwehr. Ein hohes Motorengeräusch gilt als Ausdruck für leistungsstarke Zweiräder. Es soll das Fahrerlebnis erhöhen. "Während die meisten Fahrer besonnen unterwegs sind, bringt ein kleiner Teil durch eine unangemessene Fahrweise die Anwohner gegen sich auf", erklärt Marwein. Motorradgetöse habe wenige Verursacher und viele Betroffene.
Test ohne Wirkung
Dabei ist der Krach sogar legal, denn auch bei Lärmmessungen von Zweirädern ist Raum für Betrug. Ein entsprechender Testzyklus war bei Motorrädern bis 2016 gesetzlich erlaubt. "Im Testdurchlauf merkt das Fahrzeug, dass es sich nicht bewegt und schließt die Klappen in der Auspuffanlage. Dadurch werden alle gesetzlichen Werte eingehalten", erklärt Marwein. Eine vergleichbare Test-Erkennung war bereits Auslöser für den Dieselskandal. Um Verbesserungen im Lärmschutz zu erzielen, wurden die Genehmigungsvorschriften vor zwei Jahren geändert.
Viele Biker rüsten den Feuerstuhl selbst nach. Mechanisch mit wenigen Handgriffen oder elektronisch per Knopfdruck können die Schalldämpfer leicht entfernt werden. Auch die Autoindustrie hat auf diesen Trend reagiert. Sportwagen verfügen über Vorrichtungen, um die Klappen in den Auspuffanlagen zu öffnen und so den Sound des Motors zu erhöhen.
Auch bei Kontrollen ist ein Verstoß nur schwer feststellbar
Eigentlich müssen neue Pkw-Typen um zwei Dezibel leiser sein als vor wenigen Jahren. Für Sportwagen gilt jedoch eine Sonderregelung. Ab einer gewissen PS-Leistung dürfen diese bis zu vier Dezibel lauter sein. Das entspricht einer Verdoppelung der Schallintensität.
Auch bei Kontrollen ist ein Verstoß nur schwer feststellbar. "Ein Fahrer kann seine Klappen vor der Kontrolle unbemerkt verschließen und bei der Messung der Polizei werden wieder alle Werte eingehalten", sagt Marwein. Bei entfernten Schalldämpfern wird der Halter aufgefordert, nachzurüsten und das Fahrzeug erneut vorzuführen.

Um Anwohner vor donnernden Motorrädern und anderen Geräuschen zu schützen, werden landesweit Lärmkarten erstellt, welche die Verursacher von Hauptverkehrsstraßen, Eisenbahnstrecken und Großflughäfen veranschaulichen. Auf diesen Karten aufbauend, werden dann Maßnahmen zur Lärmminderung erarbeitet. "Für die Erarbeitung der Pläne muss auch die Öffentlichkeit beteiligt werden", sagt Marwein. Motorradlärm lässt sich jedoch nur schwer regulieren, da er stark vom Verhalten und der Laune der Fahrer abhängig ist. Durch die unklare Gesetzgebung wird das Getöse sogar noch weiter gefördert.
Gemeinden appellieren deshalb an die Vernunft der Biker. In Todtmoos wurde für rund 15.000 Euro eine Anzeigetafel errichtet, welche die Geschwindigkeit der Krafträder kontrolliert. Ist ein Fahrer zu schnell unterwegs, wird er durch die Anzeige "Leiser" aufgefordert, das Tempo zu drosseln.
Laut Verkehrsstaatssekretärin Gisela Splett habe man mit der Anlage gute Erfahrungen gemacht. Es sei eine deutliche Absenkung der mittleren Geschwindigkeit beobachtet worden, weil sich die Fahrer beobachtet oder ertappt fühlten. Thomas Marwein sieht solche Geschwindigkeitsüberwachungen jedoch kritisch: "80 kann man entweder leise im sechsten Gang fahren oder lautstark im zweiten Gang."
Gemeinden wehren sich
- Die Lautstärke von Motorrädern wird bei einer beschleunigten Vorbeifahrt aus 50 km/h im zweiten oder dritten Gang gemessen. Dabei dürfen die Fahrzeuge nicht lauter als 80 Dezibel sein. Das entspricht der Lautstärke von starkem Verkehr oder einem Bohrer. Auf Landstraßen können Motorräder jedoch 100 Dezibel und mehr erreichen. Das entspricht der Lautstärke in einer Disco oder einer Kreissäge.
- Immenstaad: Lärm, den Motorräder und Autos mit Sportauspuff erzeugen, hat die Grünen in Immenstaad (Bodenseekreis) veranlasst, die Politik einzuschalten. In einer Mail an das Bundesverkehrs- und Umweltministerium fordern die Grünen, dem „ständig zunehmenden und vermeidbaren Lärm entgegenzuwirken“. Über enormen Verkehrslärm entlang der B 315 klagen auch Bewohner in Bonndorf.
- Rastatt: Probleme mit Motorrädern gibt es auch in Rastatt. Ende Februar fragte die Landtagsabgeordnete Sylvia Felder bei der Landesregierung an, wie dicht Motorräder überwacht werden. Begründung: In vielen Gemeinden dort werde über eine unverhältnismäßige Belastung geklagt. (lsc)