Im Naturbad Sulzburg (Schwarzwald ) hat man fast alles ausprobiert: Vom Einsammeln der Schnecken über das Vergrämen der Enten bis zum Ausbaggern des Untergrundes. Die Versuche, die Larven (Zerkarien) zu bekämpfen, schlugen fehl. Die Badedermatitis grassierte im Schwimmbad so stark, dass Badegäste begannen, das Bad zu meiden.
Dies hatte Folgen: Die Einnahmen sanken und die Stadt musste immer mehr Geld zuschießen. Einige Betroffene zogen die Stadt gar vor Gericht und forderten Geld. Diese reagierte und zog die Reißleine. Seit diesem Jahr beschäftigt man keinen Schwimmmeister mehr, das Bad ist unbewacht. In Kürze wird sich auch der Förderverein des Naturschwimmbades auflösen. Angesichts des anhaltenden Zerkarienproblems sei dem Vorstand „die Puste ausgegangen“, so deren Vorsitzende Marlene Klisch.
Die Ironie der Geschichte: Exakt in diesem Jahr haben sich aus unerklärlichen Gründen die Enten aus dem Naturbad verzogen. Damit blieben auch die Zerkarien aus.
Auch am Bodensee ein Problem
Zwar lösen die Parasiten selten solche Wirren aus wie in Sulzburg im Münstertal. Sie sind aber in vielen deutschen Naturschwimmbädern und in den Seen ein Problem. Auch rund um den Bodensee. Gehäuft trat diese spezielle Dermatitis in den vergangen Jahren am Untersee auf. Dort befänden sich viele Flachwasserzonen, wo Badende leicht mit den Zerkarien in Kontakt kommen können, sagt Helmut Eckert vom Gesundheitsamt Konstanz. Anders sei es in Flüssen, dort reiche der Kontakt aufgrund des zirkulierenden Wassers oft nicht aus.
Zerkarien mögen warmes Wasser. „Für den Bodensee gilt in der Theorie: Wenn das Wasser des Sees relativ früh im Jahr über 20 Grad warm war, dann treten die Zerkarien großflächig auf“, so Peter Rey von Hydra, dem Institut für angewandte Hydrobiologie in Konstanz. Dieses Jahr war das nicht der Fall. Lokal gehäufte Vorkommen gibt es dennoch. Solche Stellen, die Peter Rey als Hotspots bezeichnet, würden sich immer ein wenig verändern.
Damit es zu einer solchen Ansammlung der Larven kommt, braucht es vor allem zweierlei: Eine Ansammlung von Wasservögeln sowie der Bewuchs mit Wasserpflanzen. „Wo Wasserpflanzen sind, gibt es auch Wasserschnecken“, so Rey. Diese dienen den Zerkarien als Zwischenwirt, bevor sie ihr festes Zuhause beziehen. Ein Solches finden sie im Darm von Wasservögeln, vornehmlich von Enten.
Häufung an der Mettnau
Beim Gesundheitsamt Bodensee, das für die Bodenseestrände von Sipplingen bis Kressbronn verantwortlich ist, sind für dieses Jahr keine Stellen bekannt, an welchen die Badedermatitis gehäuft vorkommt. „Da die Badedermatitis keine meldepflichtige Krankheit ist, sind uns aber auch nicht alle Fälle bekannt“, sagt Robert Schwarz vom Gesundheitsamt Bodensee.
Im Bereich des Gesundheitsamtes Konstanz sieht es ähnlich aus. Dieses kontrolliert die Strände am Untersee sowie im Westen des Bodensees. „Dieses Jahr konnten wir nur an der Mettnau eine Häufung feststellen,“ sagt Helmut Eckert vom Gesundheitsamt in Konstanz. Den tiefen Wassertemperaturen sei Dank: Titisee und der Schluchsee haben, wie auch schon in den vergangen Jahren, kein Zerkarienproblem. Die große Mehrheit der Dermatitisfälle tritt Ende Juni bis Anfang Juli auf. Nach einer längeren Warmperiode schwärmten viele Zerkarien aus. Noch ist die Gefahr nicht gebannt. Aber: Bei warmen Temperaturen könne es sein, dass die Zerkarien im Spätsommer nochmals zurückkehren, sagt Eckert.
Die Ursache
Die Badedermatits wird durch Zerkarien ausgelöst. Zerkarien sind die Larven eines Saugwurmes. Über den Kot von Wasservögel gelangen dessen Wurmeier ins Wasser. Die aus den Eiern geschlüpften Larven befallen dann eine Schnecke, in der sie sich vermehren und zu Zerkarien weiterentwickeln. Bei warmen Temperaturen verlassen die Zerkarien die Schnecke und begeben sich auf die Suche nach einem Wasservogel um sich in ihm einzunisten. Die Badedermatitis entsteht, weil die Zerkarien den Menschen mit einem Wasservogel verwechseln: Die Zerkarien können die menschliche Haut nicht durchdringen und sterben. Dennoch kann es zu Abwehrreaktionen des Immunsystems kommen. (elk)